Sollbruchstelle

Dieses Mal gilt: Lesen auf eigene Gefahr.

Bitte keine Hinweise auf Therapien oder ähnliches. Danke.

Bevor es in den Urlaub geht, muss ich noch was loswerden. Ich weiß noch nicht wie heftig es am Ende sein wird, aber was muss das muss.

Ich hab das Gefühl nur noch zu reden oder zu schreiben. Was ja einerseits gut ist. Aber andererseits kommen mir hin und wieder Zweifel. Und ja, es gibt Momente, da hab ich die Nase voll vom reden. Gefühlt hab ich alles schon doppelt und dreifach erzählt und bin immer noch nicht am Ende angekommen. Ich fühle mich reduziert. Ich habe mich reduziert. Auf dieses eine Thema. Meinen Neuanfang. Etwas anderes gibt es nicht. Da ist es auch kein Wunder wenn es mir nicht gut geht. Ich werde also erstmal über anderer Dinge sprechen damit ich wenigstens ein bisschen zur Ruhe kommen kann. Aber eine Sache gibt es da noch….

Also reden wir. Mal wieder. Worüber? Psychische Misshandlung. Ja. So hab ich auch geguckt als diese zwei Wörter das erste Mal im Zusammenhang mit dem, was ich erlebt habe, ausgesprochen wurden. Ich war baff. Konnte es nicht nachvollziehen. Und ehrlich gesagt fällt es mir immer noch schwer das auf mich zu beziehen. Denn das würde bedeuten dass es Täter gibt, und ein Opfer. Die Täter wären dann die Typen die mich so behandelt haben, wie sie es getan haben. Und das Opfer? Das müsste ich ja sein. Äh Moment mal. Nein. Auf gar keinen Fall. Ich bin viel. Aber kein Opfer. Das ist glaube ich das Stadium des Verdrängens. Wenn ich dem zustimmen würde. Aber letztendlich könnte das wohl nur ein Therapeut genauer erforschen.

Dennoch denke ich viel darüber nach. Nicht nur im Zusammenhang mit BDSM, sondern in Bezug auf mein ganzes Leben. Doch für heute will ich mich auf BDSM beschränken.

Inzwischen beginne ich mich zu fragen wo Misshandlung anfängt. Und warum ich nicht in der Lage war es zu erkennen. Nun die Gründe dafür liegen woanders. Aber wie gesagt, das ist ein anderes Thema.

Ich hatte nicht viele reale Treffen. Eines haben alle gemeinsam: sie waren schrecklich. Das alleine ist aber noch keine Misshandlung. Die Tatsache dass ich bei ausnahmslos allen Angst empfunden hab vielleicht schon. Ich bin mit Angst losgefahren und kam mit Angst zurück. Etwas dass es nicht hätte geben dürfen. Die Schuld dafür hab ich bei mir gesucht. Ich dachte es läge einfach daran, dass ich zu unerfahren im Umgang mit Männern und BDSM war. Doch ich hatte keine Angst davor möglicherweise geschlagen zu werden. Das wurde ich zwar hin und wieder, und ja, auch das war schrecklich. Ich hatte Angst vor den Männern, die ich kaum kannte. Die mich treffen wollten ohne eine ausreichende Vertrauensbasis. Die mich unter Druck gesetzt haben. Allein dieser Druck war schon schrecklich. Ich hab mich dann bei einem Freund rückversichert. Ihm gesagt wo ich bin. Für den Fall des Falles. Das war eigentlich meine größte Angst. An jemanden zu geraten von dem ich nicht wiederkehren würde. Ich weiß nicht woher diese Angst kam. Tatsache ist, solche Sachen passieren. Tag für Tag. Es gibt eben keine Garantie. Oft, eigentlich viel zu oft, schämte ich mich entsetzlich für meine Angst. Sie schien mir so irrational zu sein. So ein Treffen sollte Spaß machen. Spaß hab ich aber nie gehabt. In der Regel bin ich heulend nach Hause weil ich nicht verstanden hab was da eigentlich passiert ist. Und auch jetzt, beim schreiben, kommt die Scham wieder hoch. Ich hoffe ihr denkt nicht allzu schlecht von mir. Was hätte ich alles vermeiden können, wenn ich nicht so furchtbar dumm gewesen wäre…

Ich erinner mich genau an ein solches Treffen. Er wohnte nicht weit weg von mir. Ich bin hin, sollte mich direkt ausziehen, und dann sollte es auch losgehen. Nur gab es ein Problem. Ich war knochentrocken. Es hat sich nichts aber auch gar nichts getan. Statt mit Verständnis zu reagieren, hat er mir Pornos vorgespielt und später folgte dann die Strafe. Dass dieser Mann weder Grenzen, noch mein Safeword respektiert hat, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Ich hätte gehen sollen. Aber ich konnte nicht.Und ehrlicherweise muss ich gestehen dass ich nicht mal drüber nachgedacht habe. Ich war gefangen in der Situation. Auf emotionale Weise.

Macht mich das allein schon zum Opfer? Oder hab ich es nicht doch vielleicht unbewusst zu diesen Situationen kommen lassen? Im Nachhinein lässt sich das wohl kaum noch beantworten. Ich gebe zu dass ich es auch gerade nicht kann. Ich hatte den Text schon fertig, muss ihn aber doch noch ändern weil ich gerade völlig fertig bin. Ich bin überfordert, weil ich mir selbst zu viel zumute. Die freien Tage werden mir hoffentlich gut tun, so dass ich mich etwas erholen kann. Doch zurück zum Thema..

Wie konnten solche Situationen entstehen? Durch Druck und durch Angst. Druck zu dem Treffen zu fahren, obwohl es zu früh war. Druck Dinge zu tun, die ich nicht tun wollte. Angst auf Grund fehlenden Vertrauens. Angst vor Fehlverhalten. Angst vor der Strafe. Angst davor abgelehnt zu werden und wieder alleine zu sein So einfach ist das. Wenn man das Gefühl hat keine andere Wahl zu haben, dann hat das Gegenüber leichtes Spiel. Ich habe es in all den Jahren noch nicht einmal erlebt, dass ich keinen Druck bekommen habe. Oh am Anfang schreiben alle dass ich so viel Zeit bekommen wie ich brauche, aber früher oder später üben alle Druck aus. Am Anfang nur leicht, dann immer stärker und zum Schluss bleibt nichts anderes übrig als innerlich aufzugeben. Nachzugeben. Damit der Druck endlich aufhört. Wie oft hab ich auf meinem Bett gelegen und geheult weil ich nicht mehr konnte und unter dem Druck zusammen gebrochen bin. Ich nur noch einen Satz sprechen konnte: “ Ja mein Herr (Meister, Gebieter, etc.)“ Etwas anderes gab es nicht mehr. Doch ich hatte keinen Spaß mehr daran meine Neigung auszuleben. Im Gegenteil: Ich war innerlich tot.

Ich geb euch ein Beispiel. Ich bin hetero. Und daran wird sich auch nichts ändern. Das war den Typen egal. Ich hatte bi zu sein, ob es mir gefiel oder nicht. Das war egal. Ich hatte zu spuren. Hab ich mich widersetzt gab es Ärger. Einer der Typen hat es völlig übertrieben. Egal wie vehement ich ihm diese Grenze auch aufgezeigt habe, er hat es ignoriert. Ich bekam täglich Bilder von Frauen, hatte mir entsprechende Pornos anzugucken, und wenn ich unterwegs war hatte ich auf alle Frauen zu achten und mir dabei vorzustellen mit welcher ich es gerne wie treiben würde. Inklusive einem detaillierten Bericht. Und mit jedem Tag wurde der Druck massiver. Es ging nur noch um Frauen. Er hatte mich in einen Gruppenchat mit einer seiner anderen Subs und ihm gesteckt. Mit der Ansage dass er wollte das wir uns gegenseitig anheizen und Aufgaben geben. Ich habe widerwillig getan was ich sollte. Sie brauchte das nicht zu tun. Sie war noch neu. Ich hatte ihre Grenzen zu respektieren. Die beiden haben dafür jede meiner Grenzen, trotz Ansage, überrollt. Dass das ganze eskaliert ist brauche ich wohl nicht zu sagen. Auch mit ihm ist es letztendlich eskaliert. Er hat nicht verstanden dass ich mich mit Anfang 30 nicht für den Rest meines Lebens an einen Mann binden wollte, der nicht nur Frau und Kind hat, sondern auch einen ganzen Stall an Subs hatte. Ich kam immer irgendwann an letzter Stelle (gefühlt). Er hat mir deswegen üble Vorwürfe gemacht und mich dann sitzen gelassen. Natürlich hab ich die Schuld dafür bei mir gesucht. Ich hab mir eingeredet dass ich es nicht verdient habe seine Sub zu sein, weil ich einfach undankbar war.

Heute weiß ich es besser. Dass was er mit mir gemacht hat war nicht nur grenzwertig. Er hat mich psychisch fertig gemacht. Ohne Rücksicht auf Verluste. Macht mich das zu einem, seinem Opfer? Der eine oder andere mag es so sehen. Ich möchte das nicht. Ja, möglicherweise kann ich es auch nicht. Aber vor allem möchte ich keines sein. Ich hab das nicht verdient. Niemand hat das verdient. Und ja, jetzt gerade macht mich das stinkwütend. Ich wollte ihm doch nur eine gute Sub sein. Aber diese Chance hat er mir nicht gegeben…

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