Notaufnahme

Ich hab das Gefühl, ich muss das Wochenende nochmal ein bisschen in Ordnung bringen. Ich weiß nicht, wo der Beitrag am Ende aufhören wird, aber ich muss ein paar Gedanken loswerden.

Ich bin Freitag in der Notaufnahme gelandet. War das notwendig? Der Sanitäter sah das so und der weiß es besser als ich. Ich bin noch nie gestochen worden und konnte die Situation nicht einschätzen. Aber ich denke, einen kleinen Schock habe ich wohl davon getragen. Ich kam also ins Krankenhaus. Mein Vater wusste eh Bescheid, meine Schwestern habe ich per WhatsApp angeschrieben. Keine von beiden hat mir Unterstützung angeboten. Ich lag da also alleine, mit höllischen Schmerzen und zwischendurch ging es mir ziemlich schlecht. Irgendwann bin ich am Monitor gelandet. Der, mit dem Clip am Finger. Am frühen Morgen kam dann irgendwann der Assistenzarzt, hat mich kurz untersucht und dann entlassen. Zu diesem Zeitpunkt war meine Familie schon schlafen gegangen. Ich bin mit dem Taxi nach Hause und kam nicht rein. Hab die restliche Nacht im Taxi geschlafen. Hat mich das Verhalten meiner Familie gestört? Oh ja, und zwar ganz gewaltig. Ich bin stinksauer deswegen. Und ja, es geht mir insgesamt sehr an die Substanz.

Aber: ich war nicht in unmittelbarer Gefahr. Ich war gut aufgehoben und der Mitarbeiter der Aufnahme hatte den Namen und die Handynummer meiner einen Schwester. Ich hatte ihr auch geschrieben dass ich sie als Kontakt angegeben habe. Wäre es hart auf hart gekommen, wäre sie informiert gewesen.

Trotzdem fühle ich mich im Stich gelassen. Habe das Gefühl meiner Familie nicht viel Wert zu sein. Sie verlassen sich viel zu sehr darauf dass ich da bin und mich kümmere. Ich habe viel zu viele Jahre mein Leben zurück gestellt, habe Schuld bezahlt, die nicht meine war. Habe Last getragen, die nicht meine war. Ich denke der/die eine/r oder andere/r wird sich (zu Recht) fragen, warum ich mir das antue, warum ich nicht meine Sachen packe und verschwinde. Und immer öfter frage ich mich das auch.

Ich hadere oft mit mir und meinem Leben. Das ist nicht das, was ich verdiene. Und dennoch. Es gibt eben auch die Dinge, die nicht im Internet stehen. Ich denke, meine Familie weiß sehr wohl, was sie mir zumutet. Vor allem mein Vater. Er hat sich selbst jahrzehntelang um seine Eltern kümmern müssen. Ich denke, er weiß, wie schwer es für mich ist. Aber in unserer Familie wird über solche Dinge nicht gesprochen. Und das ist wohl ein Teil des Problems. Für jemanden wie mich, die ich sehr emotional bin, ist das nicht immer einfach.

Ich weiß, das mag schwer zu verstehen sein, aber ich bin nicht der Typ Mensch, der dann die Koffer packt und verschwindet. Abgesehen davon dass ich nicht wüsste wohin. Das hier ist mein Leben und ich muss es auf meine Weise verändern. Ich weiß dass ich nicht auf der Sonnenseite stehe. Und möglicherweise wird sich das auch nicht ändern. Aber wichtig ist doch dass sich etwas ändert. Ja okay, es gibt mehr Rückschläge als mir lieb ist. Und ich weiß nicht mehr wie viel ich noch aushalten kann. Aber ich hab schon so viel erreicht. Auch wenn es nicht immer danach aussieht. Nichts desto trotz. Solange ich mir noch in die Augen schauen kann, bin ich zufrieden. Ich werde meinen Weg gehen.

Ehrlich, das war ein wirklich beschissenes Wochenende. Und ich kann sagen, dass der Schrecken tiefer saß als gedacht. Und das zu verarbeiten wird seine Zeit brauchen. Ich erwarte nicht dass ihr versteht, was ich sagen wollte. Letztendlich ist das Leben außerhalb des Internets nicht immer so, wie es aussieht. Meine Familie ist nicht so schlecht, wie es den Anschein hat. Als ich vor drei oder vier Jahren halbtot im Krankenhaus lag, waren meine Schwestern für mich da. Mein Vater war wirklich geknickt dass ich vor verschlossener Tür stand. Er hätte mich auch abgeholt. Dass er eigentlich nicht mehr fahren kann/sollte, steht auf einem anderen Blatt. Letztendlich basiert mein Tweet von heute morgen/mittag auf einer Mischung aus Schrecken/Wut und Müdigkeit.

Zum Schluss möchte ich mich noch für die Fürsorge bedanken. Es mag nicht immer so aussehen, aber ich weiß das durchaus zu schätzen. Es fällt mir nur schwer damit umzugehen. Ich hatte nie wirklich Freunde. Das ist allerdings eine andere Geschichte….