Asche. Aber ohne Phönix

Freitag hatte ich ein kurzes Telefonat mit einer Bekannten. Es war vielleicht nicht ganz so kurz, aber sehr lehrreich. Ich überlege auch schon eine ganze Weile wie ich das, was mich beschäftigt, in Worte fassen soll. Ich werde es versuchen. Wo ich dabei am Ende landen werde… Ich hab keine Ahnung.

Ich bin durch Umstände, für die ich nichts kann, in eine Richtung gedrängt worden, in die ich nicht hätte gehen sollen. Denn dadurch verlor ich mich. Und das Leben das ich hätte haben können. Ich war 15 als meine Mutter ging. Meine beiden Schwestern waren ausgezogen. Mein Vater… Na ja er war… Es war nicht leicht. Ich hab versucht zu waschen, zu kochen, aber im Grunde hatte ich keine Ahnung. Und an das meiste kann ich mich ohnehin nicht mehr erinnern. Das ist vielleicht auch nicht verkehrt. Dann wurde ich älter. Ich wusste nichts mit mir anzufangen und wurde Erzieherin. Im Nachhinein hätte ich gerne mehr Unterstützung bei der Berufswahl gehabt. Aber es ist wie es ist.

Ich hab mich über 10 Jahre eingekapselt. Kaum Freunde, keine Beziehung, keine Partys. All das fehlt mir. Und auch das hat meine Familie nicht interessiert. Ich will nicht sagen dass ich ihnen egal war. Ich war halt da und hab auf unseren Vater „aufgepasst“. Dass ich vielleicht hätte aus ziehen wollen war nie eine Frage. Und dann kam der eine Satz am Freitag, der mich zutiefst erschüttert hat.

Ich habe mein Leben für die Familie geopfert.

Während meine Schwestern ihre Leben gelebt haben, blieb ich auf der Strecke. Seit Corona bin ich alleinige pflegende Angehörige. Ich arbeite, fahre einkaufen, mach dies und das und jenes. Wuppe Arztbesuche und Krankenhaus. Und das war es. Träume und Wünsche? Hab ich nicht und wenn dann nur sporadisch und ach, das ist finanziell nicht drin.

Mein Zusammenbruch vor drei Wochen kam mit Ansage. Ich hab es ignoriert dass mein Akku leer ist. Das mir die Stunden zu viel waren. Die Quittung dafür kam und seitdem ist alles anders. All die Jahre hab ich mich für faul gehalten, nicht verstanden warum ich nichts gebacken bekomme. Ich wollte letztes Jahr schon abnehmen. Selbst das ging nicht. Ich habe keine Kraft dafür.

Selbst meinen Job hab ich unbewusst so eingerichtet dass ich im Notfall für meinen Vater da sein konnte.

Und jetzt? Ich weiß es nicht. Aber was ich weiß ist, dass MEIN LEBEN sich wird ändern müssen. Denn es ist mein Leben. Und das werde ich mir Stück für Stück erobern. Der erste Punkt wird sein meine Psyche auf die Füße zu stellen. Einen neuen Job zu finden, der mir gefällt. Dann möchte ich das Abnehmen in Angriff nehmen. Mit viel Zeit und Geduld.

Das ist leicht gesagt. Aber nicht leicht getan. Ich hardere oft mit den verlorenen Jahren. Diese Zeit bekomme ich nicht wieder. Aber mit ein bisschen Glück kommt doch noch der Phönix aus der Asche.

5 Kommentare

  1. Nichts ist schwieriger un so sehr mit Furcht besetzt, wie das Abweichen von jahrelangen Gewohnheiten und dem damit verbundenen Selbstbild. Und wenn man dann noch die Zeit zurückerobern will, gerade von einem auf Hilfe angewiesenen Menschen, die einem die ganze Zeit geraubt würde, kommt das schlechte Gewissen noch dazu.
    Was du willst ist richtig, du hast ein Recht darauf. Hol es dir, werd nicht schwach.
    Alles Gute für deinen Weg!

Kommentare sind geschlossen.